Das Sexualverhalten der Katze

Östrus

Wenn der Frühling kommt und das Wetter wärmer wird, erwacht in der Katze der instinktive Wunsch zur Paarung. Hier soll ihr Paarungsverhalten besprochen werden. Zuerst einige Informationen darüber, was unter Rolligkeit, Raunze oder medizinisch Östrus zu verstehen ist. Im Östrus paaren sich die weiblichen Tiere. Die Kätzin wird als rollig bezeichnet. Der erste Östrus tritt zwischen dem 5. und 10. Lebensmonat, im Mittel im 6. auf. Die Kätzin hat 2 – 4 Östruszyklen im Jahr, von denen jeder 15 – 22 Tage dauert. Wenn eine Aufnahme erfolgt, dauert der Östrus selten länger als 4 Tage. Ist die Paarung nicht erfolgreich, dauert der nächste 7 – 10 Tage und wiederholt sich in 15 – 22 tägigen Intervallen. Es ist möglich, dass ein ungedecktes Weibchen fortwährend alle 3 – 4 Wochen rollig wird. 1 – 6 Wochen nach dem Werfen tritt ein erneuter Östrus auf, so dass eine Kätzin einen Wurf säugen kann, während sie bereits mit dem nächsten belegt ist.

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 Man muss sich darüber im Klaren sein, dass eine rollige Katze sehr lautstark nach einem Kater rufen kann. Sie nimmt im Östrus ungewöhnliche Verhaltensweisen an, was man an folgenden Zeichen erkennen kann: Rollen auf dem Boden und intensives Reiben an Gegenständen. Ausstrecken der Krallen kann das Rollen begleiten, auch das Reiben von Kopf und Hals an Gegenständen. Im fortgeschrittenen Östrus schreien Katzen oft anhaltend über mehrere Minuten. Manche Kätzinnen verspritzen sogar Urin an senkrechte Flächen und stellen den Schwanz auf, wie dies für Kater typisch ist. Die Kätzin nimmt die Paarungsstellung ein, den Schwanz aufgerichtet und den hinteren Körperteil angehoben. Sie kann den starken Wunsch entwickeln, aus dem Haus zu flüchten.

Man bezeichnet die Katze als saisonal polyöstrisch. Kätzinnen werden während der Paarungszeit immer wieder östrisch, wenn sie nicht trächtig, scheinträchtig (pseudogravid) oder krank werden. Bei Katzen, die im Haus gehalten werden, aber hauptsächlich vom Tageslicht beeinflusst sind, richtet sich der Zyklus nach der Länge der Tage. Bei zunehmender Tageslänge, wie auf der nördlichen Hemisphäre im Januar und Februar, läuft der Zyklus schneller ab. Kätzinnen, die gemeinsam gehalten werden, können ihre Zyklen synchronisieren. Langhaarkatzen scheinen sensibler auf das Tageslicht zu reagieren als Kurzhaarkatzen. Nur etwa 10 % der Langhaarkatzen sind in der normalen Paarungszeit rollig, verglichen mit 60 % der Kurzhaarkatzen. Mehr als 50 % der Kurzhaarkatzen können das ganze Jahr über rollig werden. Unangepasste Lichtstärke und –dauer ist einer der Hauptgründe dafür, dass im Haus gehaltene Katzen in unregelmäßigen Abständen rollig werden. Es konnte festgestellt werden, dass Kätzinnen, die mindestens 10 Stunden pro Tag (besser 12 bis 14 Stunden) bei künstlichem Licht gehalten wurden, das ganze Jahr über rollig wurden. Solche, die 8 Stunden Tageslicht und 16 Stunden Dunkelheit ausgesetzt waren, wurden nicht mehr rollig.

Stummer Östrus

Kätzinnen, die ängstlich sind oder in der sozialen Rangordnung weit unten stehen, durchlaufen den normalen Zyklus, können aber östrisches Verhalten vermissen lassen. Derselbe Effekt kann bei Überpopulation auftreten. Katzen mit stummem Östrus können mittels Vaginalzytologie herausgefunden werden. Man kann auch alle 7 Tage Blutproben auf Östradiol untersuchen. Ein niedriger ÖstradiolSpiegel (unter 15 pg/ml) zeigt an, dass hormonell kein Östrus, also auch kein stummer Östrus vorliegt. Der Östradiol-Spiegel ist während des Östrus nur für ein paar Tage hoch, so dass es erforderlich ist, im zeitlichen Verlauf mehrere Blutproben zu entnehmen, um die Hormonveränderungen richtig zu erkennen. Wenn eine Kätzin stumme Östren hat, kann es ausreichen, sie aus der Gruppe von Katzen zu nehmen, in der sie lebt und sie allein oder in einer kleineren Gruppe zu halten, um ihren sozialen Status festzustellen. Andererseits kann auch eine allein gehaltene Katze östrisches Verhalten vermissen lassen, bis sie andere Katzen im Östrus erlebt. Östrisches Verhalten kann auch durch Kontakt mit einem Kater ausgelöst werden.

Zyklus

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 Es gibt vier Phasen des Zyklus. Die Phase, die vor der eigentlichen Rolligkeit kommt heißt Proöstrus. Viele Kätzinnen beginnen hier ihren Kopf und ihren Nacken gegen ihnen angenehme Gegenstände zu reiben und zeigen ein sehr zutrauliches Verhalten. Manchmal haben proöstische Kätzinnen schleimigen Scheidenausfluss und urinieren gehäuft. Diese Phase dauert 1 – 2 Tage. Die Anzeichen können so gering sein, dass sie nicht bemerkt werden. Während des Proöstrus können Kater von der Kätzin angelockt werden. Sie ist jedoch nicht aufnahmefähig.

Im Östrus erwacht der verhaltensbedingte Trieb zur Paarung. Diese Phase dauert von 3 – 16 bei im Mittel 7 Tagen. Die Kätzin duckt sich, in dem sie die Vorderbeine auf den Boden presst, ihren Rücken lordosiert (durchdrückt) und den Schwanz zur Seite hält, um ihre Scham zu präsentieren. Kätzinnen im Östrus rufen, um die Aufmerksamkeit des Katers zu gewinnen. Sie können ruhe- und appetitlos sein und ihrem Besitzer gesteigerte Aufmerksamkeit entgegenbringen. Manchmal kommt ein verlängerter Östrus vor. Die Ursache können sich überlappende Wellen verlängert hoher Spiegel des Hormons Östradiol aus reifen Follikeln sein. Trotzdem haben solche Katzen ein völlig normales Follikelwachstum. Andauernder Östrus (Dauerrolligkeit) kann mit zystischen Follikeln einhergehen.

Das Follikel stimulierende Hormon (FSH), das von der Hirnanhangdrüse des Gehirns (Hypophyse) produziert wird, stößt die Entwicklung der Eierstockfollikel an. Im Durchschnitt entwickeln sich 3 – 7 Follikel und beginnen das Hormon 17-β-Östradiol (vom Östrogen-Typ) zu produzieren. Das Östrogen ruft das östrische Verhalten (Rolligkeit) hervor, das auf dem Höhepunkt der follikulären Aktivität auftritt, wenn der Blut-Östradiol-Spiegel 20 – 50 pg/ml oder höher ist. Er bleibt für 3 – 4 Tage so hoch und fällt dann abrupt ab.

Katzen weisen eine induzierte Ovulation auf. Die Ovulation (Eisprung) tritt nicht ein, wenn nicht zuvor eine Deckung oder ein ähnlicher Reiz stattgefunden hat. Die Länge des Östrus wird nicht davon beeinflusst, ob eine Ovulation erfolgt ist oder nicht. Manche Kätzinnen, die während einer Paarungszeit kein östrisches Verhalten zeigen, können in der nächsten ganz normal rollen. Die Zeit zwischen zwei Östren ohne Ovulation wird als Metöstrus, die zwischen zwei Paarungszeiten als Anöstrus bezeichnet. Hier ist der Blut-Östradiol-Spiegel niedrig (unter 15 pg/ml). Sexuelle Verhaltensweisen werden nicht beobachtet.

Anatomie des Katers

Die Geschlechtsorgane des Katers bestehen aus Penis, zwei Hoden, Hodensack, Prostata (Vorsteherdrüse), zwei Bulbourethraldrüsen und den Samenleitern. Das in den Hoden produzierte Sperma wird über die Samenleiter in die Harnröhre transportiert. Die Prostata und die Bulbourethraldrüsen spielen eine eher geringe Rolle, in dem sie dem Sperma Sekrete hinzufügen. Manche Katzenbesitzer sind überrascht, dass auch Kater Brustwarzen haben. Diese haben jedoch keine Funktion.

Der Penis wird von einen schützenden Hülle bedeckt, der Vorhaut. Beim Lecken und der Pflege oder manchmal auch bei stimulierendem Spiel kann der Penis aus der Vorhaut ausgefahren werden. Die Spitze des Penis, die Eichel, wird von 120 – 150 Penisstacheln bedeckt, die nach hinten zeigen, weg von der Penisspitze. Sie erscheinen in der 12. Lebenswoche und sind zur Zeit der Geschlechtsreife voll ausgeprägt und verschwinden 6 Wochen nach der Kastration.


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Aus Horzinek, Schmidt, Lutz:
Krankheiten der Katze
Enke Stuttgart, 3. Aufl., 2003

 

Die Spermaproduktion durch die Hoden beginnt im Alter von 5 – 9 Monaten. Auch wenn Sperma in den Hoden schon vorhanden ist, beginnt die geschlechtliche Aktivität erst in Abhängigkeit von physischer Kondition, Körpergröße und Jahreszeit. Im Durchschnitt tritt die Geschlechtsreife mit 8 – 10 Monaten und einem Körpergewicht von 2,5 kg ein. Bei den verschiedenen Rassen bestehen allerdings erhebliche Unterschiede.

Neben dem Sperma produzieren die Hoden auch Testosteron, das die sekundären Geschlechtsmerkmale, wie die Entwicklung der Backen, und das männliche Geschlechtsverhalten, wie Decken und Markieren, bestimmt. Die Testosteron-Spiegel im Blut variieren phasenweise stark von 0 – 5,9 ng/ml. Die Kastration bedingt einen sofortigen Abfall des Blut-Testosteron-Spiegels, wogegen lebendes Sperma noch über 6 Wochen vorhanden sein kann.

Deckakt

Wenn ein Weibchen zur Paarung bereit ist, wird es sich, wie bei Löwen, von mehr als einem Männchen decken lassen. Draußen finden Kämpfe zwischen Katern statt, weil sie eine rollige Kätzin zur Verletzung ihrer Reviere bewegt. Andererseits wird allerdings berichtet, dass in Städten mit dichter Katzenpopulation keine derartigen Kämpfe stattfinden, weil die Kater dort keine Reviere beanspruchen. Häufig reagieren Kätzinnen beim Decken aggressiv. Nur wenn sie von einem bekannten, z. B. aus dem selben Zwinger stammenden Kater gedeckt werden, kann die Deckung ohne Aggressionen und sogar mit Belecken vor dem Akt ablaufen. Die Kämpfe unter den Männchen haben keinen Einfluss darauf, welchem die Deckung gestattet wird. Die Kätzin wählt den Kater aus, in dem sie sich ihm in Deckposition präsentiert. Sie legt sich nieder und hält ihr Hinterteil hoch, mit den Hinterbeinen tretelnd und mit dem Schwanz zur Seite. Der Kater nähert sich von hinten und packt sie im Genick, damit sie still hält. Nun wird der Kater die Kätzin mit seinen Vorder- und insbesondere Hinterbeinen in Position bringen. Dies dient auch dazu, um ihr Hinterteil oben zu halten. Unerfahrene Kätzinnen können ihr Hinterteil wieder absenken, so dass es für den Kater schwierig wird, einzudringen. In dieser Situation wird er es weiter versuchen, in der Hoffnung, die richtige Position zu finden. Wenn auch der Kater unerfahren ist, kann das schon eine Weile dauern. Wenn die Position korrekt ist, wird sich der Kater eines guten Nackenbisses versichern, bevor er eindringt. Er wird entweder sofort ejakulieren oder einige Sekunden warten. Man nimmt an, dass sich die vordere Scheide straff zusammenzieht, wenn sie stimuliert wird. Vielleicht weil die Penisstacheln der Kätzin Schmerzen verursachen, machen Hauskatzen gewöhnlich auch keinen Buckel. Es scheint erforderlich zu sein, dass der Kater die Kätzin ein zweites, drittes oder viertes Mal hintereinander deckt. Hauskater haben nicht das Stehvermögen wie Löwen. Es ist ungewöhnlich, dass ein Kater mehr als 2 – 4mal pro Tag deckt. Aber die Kätzin will immer, wenn genug Kater da sind. Deshalb können die Kitten eines Wurfs sehr wohl verschiedene Väter haben.

Probleme beim Decken

 

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Ein Kater kann unfähig sein, einen Deckversuch erfolgreich zu beenden, wenn er unerfahren oder nervös wegen seiner Umgebung ist (es kann bis zu zwei Monate dauern, bis sich ein Kater in einer neuen Umgebung eingewöhnt hat), wenn er nicht lernt, den Nacken der Kätzin richtig zu fassen oder wenn er die Kätzin zu schnell loslässt. Kater mit Zahnproblemen können außer Stande sein, einen richtigen Nackenbiss auszuführen. Jede schmerzhafte Veränderung, wie Arthritis oder andere Knochenprobleme, können das Deckverhalten beeinträchtigen und die Libido reduzieren. Haarringe um den Penis können das Eindringen erschweren, so dass der Kater zahlreiche erfolglose Beckenbewegen macht. Bei erheblichen Größenunterschieden zwischen Kätzin und Kater kann es Positionsprobleme geben. Mit der Zeit und wachsender Erfahrung lernen die meisten Kater so eine Position zu wählen, die die Größenunterschiede überwindet.

Erfolgreiche Zuchtkater müssen körperlich, sozial und sexuell reif sein, so dass es das Beste ist, bis zur Vollendung des 1. Lebensjahrs zu warten, bevor man Kater in der Zucht einsetzt. Ein junger Kater sollte zur Schulung seiner Deckfähigkeit zuerst mit einer erfahrenen und geduldigen Kätzin verpaart werden. Junge und unerfahrende Kater können von einer aggressiven und dominanten Kätzin abgeschreckt werden.

Wenn man Katern mit geringer Libido Testosteron spritzt, so sinkt der Testosteron-Spiegel in den Hoden bei erhöhten Blutwerten. Den Spermatogonien (Samen produzierende Zellen) wird das erforderliche Testosteron entzogen, dass sie für die Spermatogenese (Samenproduktion) brauchen, was zur Sterilität führt. Die Testosteronproduktion kann bei zurückhaltenden Katern durch eine GnRH-Injektion etwa eine Stunde vor dem Deckakt stimuliert werden.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kater versuchen, auch Kätzinnen zu besteigen, die nicht rollig sind, ebenso wie Kastratinnen, andere Kater, Kastraten, Kitten oder auch Gegenstände, wie Plüschtiere. Das Deckverhalten erlischt normalerweise nach der Kastration. Bei erfahrenen Katern kann es jedoch noch Jahre nach der Kastration erhalten bleiben.

Induzierte Ovulation

Wenn eine Kätzin gedeckt wird, stimuliert der Penis des Katers die vordere Scheide, was im Gehirn zur Hormonausschüttung führt. Luteinisierendes Hormon (LH) wird innerhalb von 15 Minuten nach jeder Deckung von der Hirnanhangdrüse des Gehirns ausgeschüttet. Der höchste LH-Spiegel wird nach 8 – 12 Stunden erreicht. Ein gewisser Grad von Stimulation ist erforderlich, um die LH-Ausschüttung zu induzieren. Der Schwellenwert des Reizes ist von Katze zu Katze unterschiedlich. Nur etwa die Hälfte aller Kätzinnen hat nach der ersten Deckung eine Ovulation. Die meisten ovulieren jedoch spätestens nach der vierten Deckung. Nach einem Tag ist der LH-Spiegel wieder zum Normalwert zurückgekehrt. Je öfter eine Katze gedeckt wird, desto höher ist der LH-Spiegel und ein ausreichender LH-Spiegel-Anstieg ist erforderlich, um die Ovulation auszulösen.

Typischerweise kommt es 30 – 50 Stunden nach der Kopulation zur Ovulation. Die Eier sind für nur etwa 25 Stunden nach der Ovulation lebensfähig. Manche Kätzinnen bauen trotz wiederholter Deckungen mit fruchtbaren Katern keine ausreichenden LH-Spiegel auf. Trotzdem kann eine Deckung nach einigen Tagen im gleichen Östrus zur Ovulation führen. Deshalb ist der Zeitpunkt der Deckung im Östrus wichtig für die Ovulation. Eine zu frühe oder zu späte Deckung kann möglicherweise nicht zur Ovulation und Befruchtung führen. Die besten Tage sind der 2. – 5. im Östrus. Nach der Ovulation steigt der ProgesteronSpiegel innerhalb von 24 Stunden an, erreicht am Ende des Östrus 20 ng/ml und 15 – 25 Tage nach der Ovulation 40 – 50 ng/ml. Wenn die Deckung nicht erfolgreich war, sinkt der Progesteron-Spiegel nach 40 – 50 Tagen bis unter 2 ng/ml. Während der Trächtigkeit bleibt der Progesteron-Spiegel bis etwa zum 50. Tag über 40 ng/ml, um dann auf unter 1 ng/ml abzusinken. Progesteron wird in den letzten 10 Tagen der Trächtigkeit nicht gebraucht. Wie bei anderen Tieren mit induzierter Ovulation wird auch bei der Katze Progesteron während der Trächtigkeit vom Corpus luteum (Gelbkörper) produziert. Der Mutterkuchen (Plazenta) produziert wenig oder kein Progesteron.

Die Befruchtung findet im Eileiter statt. Die befruchteten Eier wandern am 4./5. Tag in die Uterushörner. Die Implantation (das Einwachsen in die Uterusschleimhaut) erfolgt 10 – 12 Tage nach der Ovulation. Vor der Implantation verteilen sich die Eier in den Uterushörnen, so dass sich die sich entwickelnden Feten nicht verdrängen. Sie können auch von einem Horn in das andere wandern. Während dieses Prozesses können auch einige Eier untergehen. Die Implantationsrate schwankt zwischen 50 und über 90 %, abhängig davon, wie viel Eier gesprungen sind. Die durchschnittliche Wurfgröße beträgt 4 bis 4,5 Kitten, ist aber sehr variabel. Die größten Würfe haben Katzen mit den meisten Ovulationen.

Pseudogravidität (Scheinträchtigkeit)

 

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Wenn die Kätzin 35 – 45 Tage nach einer Begattung wieder östrisch wird, dann besteht der Verdacht auf eine Scheinträchtigkeit. Die Kätzin hat zwar ovuliert, aber nicht aufgenommen. Es kommt zum Milchfluss. Scheinträchtigkeit kann durch die Bestimmung des Serum-Progesterons eine und drei Wochen nach der Deckung bestätigt werden. Kätzinnen, die ovuliert, aber nicht aufgenommen haben, sind verdächtig auf eine zystische Endometriumhyperplasie. Man sollte die Fruchtbarkeit des Katers untersuchen, wenn mehrere Kätzinnen, die er gedeckt hat, scheinträchtig werden. Wenn die Kätzin nach der Deckung 60 Tage lang nicht wieder östrisch wird, ist davon auszugehen, dass Ovulation und Befruchtung erfolgten, die Embryonen oder Feten jedoch resorbiert wurden. Alle Ursachen für Fehlgeburt und Resorption müssen in die Überlegungen einbezogen werden.

Kastration

Als Kastration bezeichnet man die chirurgische Entfernung der Geschlechtsdrüsen, d. h. bei Katern die Hoden und bei Kätzinnen die Eierstöcke, wobei bei letzteren die Gebärmutter, die sonst verkümmern würde, meist mit entfernt wird. Tiere, die nicht in der Zucht eingesetzt werden, sollten auf jeden Fall kastriert werden. Nicht nur für den Besitzer ist ein spritzender Kater oder eine dauerrollige Kätzin unangenehm, auch die Tiere leiden darunter. Aus diesem Grunde ist auch eine Sterilisation, bei der lediglich eine Unfruchtbarkeit durch Durchtrennung der Samenleiter bzw. Eileiter erreicht wird und das sexualspezifische Verhalten erhalten bleibt, nicht angezeigt.

Sterilisation

Hierbei handelt es ich um die Unfruchtbarmachung ohne Entfernung der Geschlechtsdrüsen. Viele sprechen bei Kätzinnen auch von Sterilisation, obwohl tatsächlich Kastration gemeint ist. Manche Züchter verwenden sterilisierte Kater, um bei Kätzinnen den Östrus durch den Deckungsreiz zu beenden, diese aber nicht aufnehmen sollen. Nach der Geschlechtsreife kastrierte Kater können oft ein Leben lang unfruchtbar decken, verlieren aber aufgrund des absinkenden Testosteronspiegels ihre Penisstacheln. Die Sterilisation erfolgt beidseits durch die Entfernung eines Stücks aus dem Samenstrang. 6 Wochen nach dem Eingriff dürfte kein Samen mehr vorhanden sein. Die Sterilisation verändert weder die Libido noch die Begattungsfähigkeit. Da eine GnRHInjektion jedoch den Östrus schneller und sicherer beendet, muss keinem Kater eine Sterilisation zugemutet werden. Bei einer Kätzin gibt es für eine Sterilisation überhaupt keinen nachvollziehbaren Grund. Ein verantwortungsvoller Tierarzt wird deshalb eine Sterilisation von Katzen, gleich ob Kater oder Kätzin, immer ablehnen.

Sexualhormone

Wegen der bis deutlich nach der Geschlechtsreife andauernden Entwicklung bei den Briten kann die Kastration durch Hormongaben etwas hinausgezögert werden. Am gängigsten ist der Wirkstoff Medroxyprogesteron (z. B. Perlutex®), der bei der Kätzin die Rolligkeit (Östrus) verhindert und bei Katern das Markierungsverhalten unterdrückt. Bei letzteren jedoch mit weitaus geringerem Erfolg. Neben einer möglichen Gewichtszunahme sind ernst zu nehmende Nebenwirkungen eine Gebärmutterentzündung (Pyometra), Gesäugetumoren sowie das Auftreten einer Zuckerkrankheit. Bei Zuchtkätzinnen, die nicht gedeckt werden sollen, verkürzt man den Östrus am besten durch eine GnRH-Injektion (Wirkstoff: Buserelin, Receptal®). Damit ist auch die Gefahr einer sog. Dauerrolligkeit gebannt. Voraussetzung ist natürlich eine Separierung vom Zuchtkater, solange die Kätzin noch rollt.

Einen guten Überblicksartikel über die "Fortpflanzungsmanipulation mit Hormonen bei der Katze" hat W. Jöchle in den Monatsheften für Veterinärmedizin (48[1993]:159-66) veröffentlicht.

Spermagewinnung und –untersuchung

Spermauntersuchungen werden außerhalb von Forschungsinstituten und Zoos gewöhnlich nicht durchgeführt. Es ist schwer Sperma zu gewinnen. Die Mengen sind sehr gering (0,04 ml). Es gibt zwei Methoden der Spermagewinnung bei Katern: Die Gewöhnung an eine künstliche Scheide und die Elektroejakulation. Manchmal kann ein sehr gelehriger Kater dazu gebracht werden in Anwesenheit einer rolligen Kätzin in eine Kunstscheide zu ejakulieren. Das kann einige Wochen Mühe und Geduld bedeuten und führt bei etwa 20 % der Kater zum Erfolg. Die Elektroejakulation kann nur unter Narkose durchgeführt werden. Die Ausrüstung ist nicht überall vorhanden.

Die meisten Kater haben weniger als 30 % strukturell abnorme Spermien im Ejakulat. Von Löwen weiß man, dass erhöhte Testosteron-Spiegel mit einer erhöhten Fehlbildungsrate bei den Spermien einhergehen.

Als weniger invasive Methode der Spermauntersuchung dient die Ejakulatgewinnung durch eine Scheidenspülung unmittelbar nach einer natürlichen Deckung, wenn auch die Bewertung der so gewonnenen Proben schwer ist. Bei der Ejakulation werden einige Spermien retrograd in die Harnblase entleert. Deshalb ist eine andere Methode um zu bestätigen, dass ein Kater Spermien produziert, die Untersuchung einer Urinprobe, die nach einem Deckakt gewonnen wird. Bei diesen Methoden kann zumindest die einfache An- oder Abwesenheit von Spermien nachgewiesen werden. Über die Anzahl und Qualität kann jedoch keine Aussage gemacht werden.

Zuchtmanagement

Kätzinnen ovulieren seltener, wenn zu oft mit ihnen gezüchtet wird. Genaue Beobachtung von Kätzin und Kater sind wichtig. Der gesamte Begattungsablauf sollte beobachtet werden. Hat der Kater die Kätzin erfolgreich begattet? Hat die Kätzin einen Deckschrei ausgestoßen und nach der Deckung das typische Verhalten gezeigt? Wenn kein Deckschrei ausgestoßen wurde und das typische Verhalten nach der Deckung nicht zu beobachten war, ist offensichtlich auch kein Deckakt erfolgt. Allerdings zeigen manche Kätzinnen das typische Verhalten nach der Deckung, obwohl eine Ejakulation nicht erfolgte. Ein Scheidenabstrich oder eine Scheidenspülung können auf das Vorhandensein von Spermien untersucht werden, um sich der Begattung und der Ejakulation zu versichern. Es ist wichtig zu wissen, ob die Kätzin erfolgreich gedeckt wurde, oder nicht. Wenn es schwierig ist, die Deckung zu beobachten (manche Katzen lassen sich nicht decken, wenn sie beobachtet werden), kann eine Beobachtung über eine installierte Videokamera hilfreich sein.

Trächtigkeit

Die meisten Kätzinnen zeigen in den ersten drei Wochen der Trächtigkeit keine wesentlichen Veränderungen im Verhalten. Normalerweise vermehrt sich weder der Appetit, noch verändert sich die Aktivität. Sehr selten kann kurzfristige morgendliche Übelkeit auftreten. Es ist nicht notwendig, die Aktivität der Kätzin wegen der Trächtigkeit einzuschränken, man sollte jedoch unnötigen Kontakt mit anderen Katzen vermeiden, um die Gefahr des Auftretens einer Infektionskrankheit zu reduzieren. Trächtige Katzen dürfen nicht ausgestellt werden. Reisen sollten vermieden werden, wenn diese nicht unbedingt nötig sind. Wenn eine Kätzin zum Decken geflogen wurde, sollte sie innerhalb der folgenden zwei Wochen nach Hause zurückgebracht werden und für den Transport keinesfalls Beruhigungsmittel (Sedativa) erhalten. Nach den ersten Wochen könnte sich die Reise schädlich auf die Trächtigkeit auswirken. Die Folgen großer Höhe und Druckänderungen, denen das Tier im Flugzeug ausgesetzt ist, sind noch nicht geklärt.

Am Ende der dritten Woche werden die Zitzen rosa, besonders bei der ersten Trächtigkeit. Das Fell um die Zitzen weicht zurück und sie vergrößern sich, damit sie für die Kitten leichter zu finden sind. Bei Langhaarkatzen sollte das Fell am Damm und am Bauch um die Zitzen geschnitten werden.

Bis zur fünften Woche der Trächtigkeit sind die Feten deutlich gewachsen und der Bauch der Kätzin vergrößert sich. Jetzt braucht sie mehr Futter, wobei häufige kleine Mahlzeiten mit qualitativ hochwertiger Nahrung wichtig sind. Der Appetit der Kätzin kann während der Trächtigkeit um ein Viertel bis zum Anderthalbfachen ansteigen. Viele Züchter füttern während der letzen zwei bis drei Trächtigkeitswochen Kittenfutter. Besonders wertvoll ist dieses Futter beim Säugen, wenn die Kätzin große Mengen Milch produzieren muss und deshalb mehr Kalorien und Eiweiß in ihrer Nahrung braucht. Viele säugende Katzen fressen zweimal so viel wie sonst. Es ist nicht nötig, vom Beginn der Trächtigkeit an spezielles Futter zu geben, es sei denn, die Kätzin ist untergewichtig oder in schlechter Kondition. Unnötige Gewichtszunahme aufgrund von Überfütterung sollte während der Trächtigkeit vermieden werden, weil dies zu Schwierigkeiten beim Kreisen und Gebären führen kann. Einige Kätzinnen können Verdauungsprobleme, wie Durchfall und/oder Erbrechen, entwickeln, wenn sie mit Spezialfutter ernährt werden. Für diese Fälle ist ein qualitativ hochwertiges Normalfutter das Beste. Die Gabe von Nahrungsergänzungsstoffen ist abzulehnen.

Geburt

Die erste Phase der Wehen kann unbemerkt vorüber gehen. Hier erweitert sich der Muttermund und der Uterus beginnt, sich zusammenzuziehen. Dies kann wenige bis 24 Stunden dauern. Die Kätzinnen können ruhelos oder überfürsorglich sein, hin und herlaufen, keuchen oder erbrechen. Sie können durchaus bis zu 24 Stunden vor den Presswehen nichts fressen. Aus der Scheide kann klarer Schleim kommen, Kontraktionen sind jedoch nicht zu sehen. Am Ende der ersten Phase beginnt die Wehentätigkeit. Die meisten Kätzinnen legen sich in die Wurfkiste, schnurren und kratzen herum, um ihr „Nest“ zu bauen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass der Wurfort für die neugeborenen Kitten warm genug ist.

Während der zweiten Phase werden die Kitten geboren, während der dritten die Plazenten (Mutterkuchen). Die Geburt eines Wurfs ist also eine Serie der Phasen zwei und drei. Starke Uteruskontraktionen treiben jedes Kitten aus seinem Horn in den Uteruskörper und durch den Muttermund und die Scheide nach außen. Wenn starke Wehen eingesetzt haben, kann der gesamte Wurf innerhalb von weniger als zwei Stunden geboren werden. Es kann aber auch 24 Stunden dauern. Zumeist werden die Kitten innerhalb von 30 bis 60 Minuten nacheinander geboren. 2/3 werden mit dem Kopf zuerst, 1/3 mit dem Hinterteil zuerst geboren. Eine schwerere Geburt liegt vor, wenn Schwanz und Rumpf vor den Hinterbeinen durchtreten. Nach Beginn der Presswehen tritt das erste Kitten gewöhnlich nach etwa 60 Minuten aus. Eine Kätzin, die über zwei Stunden in starken Wehen liegt, ohne zu gebären, braucht tierärztliche Hilfe.

Nach der Geburt eines jeden Kitten wird die Kätzin eine Pause machen, um die Fruchthülle zu öffnen, wenn diese noch geschlossen ist, und die Kitten von dieser zu säubern und die Atmung anzuregen. Die Fruchthülle wird oft von der Kätzin bereits aufgerissen, wenn sie während der Geburt des Kittens am Damm leckt. Nicht alle Kätzinnen zeigen Interesse am Fressen der Plazenten. Es ist jedoch nicht belegt, dass dies zwingend erforderlich wäre. Die Kätzin durchtrennt die Nabelschnur mit ihren Zähnen. Manchmal kommen die Kitten so schnell an, dass der Kätzin keine Zeit bleibt jedes zu putzen die Nabenschnur zu durchtrennen.

Falls die Kätzin sich 10 Minuten lang nicht um das Neugeborenen gekümmert hat, sollte der Züchter bereitstehen, um die Kitten abzutrocknen, um Auskühlung zu vermeiden und die Atmung anzuregen. Man sollte die Nabenschnur mit sauberen Fingern zertrennen und 5 – 8 cm am Kitten belassen, anstelle sie zu zerschneiden, weil so die Blutungs- und Infektionsgefahr geringer ist. Man kann auch ein Stück Faden oder Zahnseide straff um die Nabenschnur binden, nachdem man das Blut von der Plazenta in Richtung Kitten „gemolken“ hat. Ein zweiter Faden ist neben dem ersten zu platzieren und die Nabelschnur dazwischen mit einer scharfen sauberen (am Besten mit Alkohol desinfizierten) Schere durchzuschneiden. Der Stumpf der Nabelschnüre sollte mit Schleimhautdesinfektionslösung betupft werden, um Infektionen vorzubeugen.

Man sollte vermeiden, dass die Kitten in der Wurfkiste herumkrabbeln, wenn die Nabelschnüre noch mit den Plazenten verbunden sind. Die Nabenschnur kann sich verdrehen und Zug auf die Nabelregion ausüben, was zu einem Eingeweidebruch führen kann. Sie kann sich auch um ein Bein wickeln und zu Abschnürungen führen. Manchmal werden auch Kitten bereits mit abgetrennter Plazenta geboren. Deshalb ist es wichtig die Anzahl der Plazenten zu zählen, wenn die Wehen vorüber sind. Meistens hat jedes Kitten eine Plazenta, wobei sich allerdings Zwillinge oder Drillinge eine Plazenta teilen können.

Manchmal können Kätzinnen unter der Geburt eine Pause ohne Uteruskontraktionen einlegen. Die Dauer ist meist 1 – 2 Stunden, selten auch bis zu 24 Stunden. Die Kätzin kann geborene Kitten bereits säugen, so dass es den Anschein hat, die Geburt sei bereits beendet. Bei Störungen in der Umgebung kann die Geburt abgebrochen werden. Die Kätzin sollte überwacht, jedoch so wenig wie möglich gestört werden. Wehen und Geburt können durch unangemessene Eingriffe des Züchters oder neugierige Zuschauer verlängert werden. Allerdings gibt es Kätzinnen, die sehr unruhig sind, bevor nicht ihr Besitzer da ist. Junge Kätzinnen müssen sehr gut beobachtet werden, weil sie es vernachlässigen können, die Kitten richtig zu putzen, besonders wenn der zeitliche Abstand zwischen den Kitten kurz ist. In einem solchen Fall ist es das Beste, sich um jedes Neugeborene zu kümmern, es aus der Wurfkiste zu nehmen und in eine warme Kiste zu legen, bis der ganze Wurf geboren ist.

© 2004 Dr. Frank J. Reuther